Liebes Dr.Frühlingsteam,
endlich kann ich Sie wieder kontaktieren,da Sie mir in der Vergangenheit schon einmal sehr gute Tips und Beratung zu meinen drogenabhängigen Freund gegeben haben suche ich erneut nach Ihrer Unterstützung.Mein bester Freund ist seit 9 Jahren abhängig,er ist jetzt 19 Jahre.Hauptsächlich konsumiert er Cannabis aber auch andere Substanzen nimmt er ab und zu.dieses Jahr trifft ihn sehr hart,er hat nur seine Oma bei der er ne weile gewohnt hat,seit April hat er Angst ins Gefängnis zu müssen und er wird von mehren Dealern bedroht.Ich sehe ihn selten ,die letzten 4 Male wo er bei mir war hat er die ganze Nacht nicht geschlafen........spätestens nach 20 Strunden muss er sich dann Thc besorgen um nicht auszurasten,er hat starke Aggressionen in sich,wo er selber nicht weiss wie er diese bekämpfen soll ohne drogen.Ich bin hin und hergerissen,auf einer Seite sage ich, er soll in den Entzug gehen ,aber auf der anderen Seite kann ich nachvollziehen das er eine Substanz braucht,die erstens seine Aggressionen lindert und zweitens seinen Kopf ausschaltet von den vielen schlimmen Gedanken die er dann ständig hat. Sein Kopf kommt nie zur Ruhe.Ich merke wie verzweifelt er ist und wieviel Angst er hat.Vorgestern war er nach 3 Monaten Funkstille wieder bei mir und ich habe mich erschrocken wie sehr er abgemagert war,sein Gesicht total eingefallen.Noch dazu kommen seine Suizid Gedanken.bitte Sagen Sie mir was ich machen kann um ihn zu helfen,was ist das Richtige? Was sind die richtigen Worte? Gibt es die Möglichkeit den Konsum langsam auszuschleichen anstatt kalten Entzug? Oder kann man nur die harten Drogen entziehen aber das Cannabis lassen? Gibt es überhaupt Optionen die einen DRogenabhängigen den Enzug erleichtern? Kann man durch Psychopharmaka die Aggressionen in Griff bekommenund den Kopf zur Ruhe kommen lassen?
Es ist wieder sehr viel was ich schreibe ,warte aber hoffnungsvoll auf Ihre Antwort ,Vielen Dank
Dr.-Frühling-Team:
Hallo,
danke für Deine Anfrage. Wir finden es nachvollziehbar, dass Du Dir Sorgen um Deinen Freund machst, der wie Du schreibst, seit mehreren Jahren und vor allem in letzter Zeit sehr viel Cannabis und auch andere Substanzen konsumiert, dabei mit Schlafstörungen, Aggressionen, Angstzuständen und Suizidgedanken zu kämpfen hat und von Dealern bedroht wird. Du möchtest von uns wissen, wie Du ihn in dieser Lage unterstützen kannst.
Das klingt nach einer sehr belastenden Situation, sowohl für Deinen Freund als auch für Dich. Wir hoffen, dass sich der Zustand bisher nicht verschlimmert hat. Treten Suizidgedanken auf, ist es höchst ratsam, sich schnell Hilfe zu holen. In akuten Notsituationen, also äußert Dein Freund z.B., dass er sich jetzt gerade oder in den nächsten Stunden umbringen will, bleibe ruhig, halte den Kontakt mit ihm, bring ihn (wenn möglich) ins Krankenhaus oder wähle den Notruf 112.
In akuten Fällen kann man auch rund um die Uhr folgende, kostenlose Nummern der Telefonseelsorge wählen:
0800 / 1110111 oder 0800/ 1110222
Weitere Hinweise und auch das Chat-Beratungs-Angebot der Telefonseelsorge findet ihr auf der Webseite:
https://www.telefonseelsorge.de/
Ist die Situation nicht ganz so akut, sind auch (Haus)Ärzte*Ärztinnen oder psychische Krisendienste ansprechbar und können an passende Beratungsstellen in Eurem Wohnort vermitteln.
Auch aufgrund der restlichen Symptomatiken (Schlafstörungen, Angstzustände und Aggressionen) ist es ratsam sich in ärztliche bzw. psychologische/psychiatrische Behandlung zu begeben. Es gibt verschiedene Psychopharmaka, die diese Symptome lindern können. Auch wenn diese Medikamente ebenfalls verschiedene Risiken, wie beispielsweise die Gefahr für Abhängigkeit mit sich bringen, ist der Vorteil, dass sowohl die Inhaltsstoffe klar benannt sind (anders als bei Substanzen vom Schwarzmarkt) und der Gebrauch unter ärztlicher Aufsicht geschieht, man also immer Rücksprache mit der*dem behandelnden Mediziner*in halten kann. Außerdem kann eine medikamentöse Behandlung Betroffenen die nötige Ruhe und Stabilität geben, um klarer über die eigene Situation nachdenken zu können.
Du beschreibst zwar, dass Dein Freund Cannabis braucht, um sich zu beruhigen, allerdings kann Cannabis- (und anderer Substanz)konsum vor allem Angstzustände und Schlafstörungen fördern. Finden der Kopf und der Körper über einen längeren Zeitraum nicht zur Ruhe sondern unterliegen ständiger Anspannung, kann dies Angstzustände und Aggressionen hervorrufen bzw. steigern. Hilfreich wäre demnach, dass es Deinem Freund gelingt Abstand zu der jetzigen Situation zu schaffen, sich an einem sicheren Ort auszuruhen, zu verarbeiten, was bisher passiert ist und einen Plan für Veränderung zu machen. Das ist sicherlich gar nicht so einfach. Deshalb ist es auch hierbei ratsam, sich Hilfe zu holen.
Je nach dem welche Substanzen Dein Freund konsumiert, kann auch ein Entzug durch Medikamente gestützt werden, um die Entzugssymptome zu lindern. Auch das Ausschleichen (= langsames herunterdosieren über einen längeren Zeitraum) von Substanzen ist eine Möglichkeit den Entzug erträglicher zu gestalten. Es kann tatsächlich ratsam sein, erstmal nur den Konsum bestimmter Substanzen einzustellen und bspw. zunächst Cannabis weiter zu konsumieren. Die oben genannten Möglichkeiten erfordern allerdings teils ärztliche Unterstützung (Medikamentenvergabe). Eine Abhängigkeit zu beenden ist für viele Menschen ein schwieriger und langer Weg. Professionelle Unterstützung kann deshalb sehr hilfreich sein.
Hier findest Du Tipps und auch einige „Arbeitsblätter“, die Deinem Freund helfen könnten seinen Konsum zu reflektieren und einzustellen:
https://drugscouts.de/de/page/reflexion-des-drogengebrauchs
Hier gibt es Informationen zu Selbsthilfegruppen:
https://drugscouts.de/de/page/selbsthilfe
Wenn ein (selbstständiger) Entzug vielleicht als zu großer Schritt wahrgenommen wird, kann sich Dein Freund z.B. zunächst an eine Jugend- oder Drogenberatungsstelle oder ein Streetworkangebot in Eurer Nähe wenden. Diese Stellen haben in der Regel viel Erfahrung mit verschiedensten Problemlagen und können vielleicht auch Unterstützung im Umgang mit den Dealern bieten, von denen sich Dein Freund derzeit bedroht sieht. Du kannst ihn in der Regel dorthin begleiten, sofern die derzeitigen Corona-Bestimmungen dies erlauben. Viele Stellen bieten derzeit auch Telefon- oder Online-Beratung an.
Sowohl Ärzte*Ärztinnen als auch Beratungsstellen unterliegen der gesetzlichen Schweigepflicht. Man kann also sichergehen, dass keinerlei Informationen an andere Personen oder die Polizei weitergegeben werden.
Wir möchten Dir gegenüber Wertschätzung aussprechen, dass Du Deinen Freund in dieser Situation nicht alleine lassen möchtest, möchten Dir aber auch ans Herz legen, auf Dich und Deine Grenzen zu achten. Menschen treffen aus verschiedenen Gründen nicht immer die besten Entscheidungen für sich selbst. Das ist als außenstehende Person manchmal schwer auszuhalten.
Mach Dir jedoch bewusst: Dein Freund ist selbst für sich und sein Leben verantwortlich.
Finde einen guten Moment, in dem Du mit ihm offen über Deine Ängste und Sorgen um ihn sprechen kannst und frag ihn, welche Veränderung er sich für sich selbst wünscht. Sprich darüber, welche Unterstützung Du bereit bist zu geben und wo für Dich die Grenze ist. Hilfreiche Tipps, wie Du an ein solches Gespräch herangehen kannst, findest Du auf unserer Webseite in der Rubrik „Wir müssen reden“: https://drugscouts.de/de/page/%E2%80%9Ewir-m%C3%BCssen-reden%E2%80%9C
Wir lesen aus Deiner Anfrage heraus, dass die Situation sehr belastend für Dich sein muss. Auch Du kannst Dir Unterstützung holen. Sprich mit einer Dir vertrauten Person über die derzeitige Lage, Deine Sorgen und Ängste. Auch die Oma Deines Freundes kann unter Umständen eine Ansprechperson sein.
Du kannst Dich auch selbst an eine Jugend- oder Drogenberatungsstelle wenden. Alle Beratungsstellen sind auch für Angehörige ansprechbar.
Falls ihr in Leipzig wohnt, könnt ihr gerne bei uns vorbei kommen (immer dienstags 9 – 15 Uhr und donnerstags 13 – 18 Uhr oder nach Terminabsprache). Unser Drogentelefon ist immer dienstags zwischen 9 – 13 Uhr und donnerstags zwischen 14 – 18 Uhr unter 0341 - 211 22 10 erreichbar.
Wir wünschen Dir und Deinem Freund alles Gute.
Dein Dr.-Frühling-Team
Die Informationen in unserer Antwort sind keine Anleitung oder Motivierung zum Drogenkonsum! Aufgeführte Substanzen können dem BtMG [Betäubungsmittelgesetz] unterliegen. Besitz, Erwerb und Handel damit sind strafbar! Wenn die Stoffe frei verfügbar sind, heißt das nicht, dass ihr Gebrauch ungefährlich wäre. Dieser Text wurde nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch können Irrtümer nicht ausgeschlossen werden. Die Drug Scouts übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch irgendeine Art der Nutzung der Informationen dieses Textes entstehen.