Sehr geehrte Damen und Herren,
nachdem ich bereits ein längeres Gespräch am Telefon mit einem ihrer Mitarbeiter führte, halte ich meine Frage nach Anraten des Mitarbeiters nun noch einmal in dieser Mail fest.
Ich bin zum Ende des Sommers an einen Punkt gekommen, an dem ich meinen Drogenkonsum einmal überdenken musste und für die Zukunft abwägen will, wie weit ich ihn noch fortsetzen oder aber reduzieren sollte. Was die posittiven Punkte angeht, muss ich nicht lange grübeln: Ich habe verboten viel Spaß auf den Festivals und unmengen wirklich erfüllender Erfahrungen, auf die ich, um ehrlich zu sein, kaum verzichten wollen würde. Entscheidend ist es also, ein ungefähres Bild von den Kontrapunkten zu gewinnen, um sie in die Abwägung mit einbeziehen zu können. Die Kontrapunkte aber, liegen in meinem Fall aber lediglich unter der Oberfläche und für mich nicht durch einfache Reflexion zugänglich: es geht mir hierbei in erster Linie um Langzeitschäden an Organen und im Gehirn. Also zunächst zum Ausmaß des Konsums:
Ich bin mit meinen 23 Jahren zum Glück nie in eine Phase gekommen, in der ich Drogen wöchentlich konsumiert habe (abgesehen vom Alkoholkonsum im Teenageralter). Aus dem wöchentlichen Feiern bin ich rausgekommen, bevor ich mit chemischen Drogen begonnen habe. Seit 6 Saisons nehme ich allerdings jeden Sommer zunehmend viele Festivals mit (zwischen 3 und 7), und auf jedem dieser Festivals konsumiere ich große Mengen Amphetamin, MDMA, Ketamin und Alkohol, meistens auch, über Phasen verteilt, alles in einer Nacht. Gepaart damit ist natürlich gravierender Schlafmangel (in diesem Sommer hatte ich beispielsweise einmal 7 von 12 Nächten nicht geschlafen und dann nur tagsüber für 2 Stunden die Augen geschlossen). Ich achte beim Feiern allerdings immer darauf viel Wasser zu trinken und zu Essen und ausreichend Vitamine und Nährstoffe zu mir zu nehmen.
Auf bewusster Ebene kann ich bisher keine negativen Auswirkungen vom Feiern feststellen. Ich treibe das restliche Jahr viel Sport, ernähre mich gesund und mache viel für die Uni, ohne in einem dieser Bereiche, abgesehen von einer kurzen Regenerationszeit, erkennbare Rückschläge ausmachen zu können. Durch meinen geregelten Alltag in der Universität unterliege ich auch keiner erhöhten Suchtgefahr und unterbreche den Drogenkonsum nach jedem Sommer fast vollständig, ohne irgendwelche Probleme damit zu haben, im Gegenteil ich habe meist eher das Gefühl von Übersättigung und freue mich auf die nüchterne Zeit. Generell im Bezug auf psychische Gesundheit und emotionale Stabilität habe ich das Gefühl aus einem Partysommer sogar viel gutes mitnehmen zu können, weil er mir die Möglichkeit geistiger Erholung bietet, die mir in der Uni gänzlich fehlt, und mich mit Zufriedenheit und Motivation in das nächste Semester starten lässt.
Die entscheidende Frage, die sich mir, wie angedeutet, also stellt, ist, in wie weit ich mir selbst schade, ohne es zu bemerken. Ich befürchte eine graduelle Verschlechterung meiner Gesundheit und Denkkraft, die sich unter der Oberfläche ohne mein Bemerken fortsetzt. Wenn ich ehrlich bin, dann kann ich mir zumindest für das nächste Jahrzehnt kaum vorstellen diese Festivalsommer aufzugeben, und dieser Gedanke paart sich mit der Angst, damit meine Lebensqualität für das restliche Leben permanent zu verschlechtern. Zu letzterem brauche ich Informationen wissenschaftlicher Erkenntnisse, die so weit gesichert sind, dass sie mich meinen Lebensstil doch noch einmal überdenken lassen können, oder aber mich in meiner jetzigen Prioritätensetzung bestätigen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Frühling
Lieber N.,
entschuldige, dass Du so lange auf unsere Antwort warten musstest.
Du möchtest von uns wissen, ob Du Dir durch Deinen Konsum dauerhaft schadest, ohne es selbst richtig mitzubekommen.
Um es vorweg zu nehmen: Das können wir nicht vorhersagen. Konsum ist immer mit Risiken verbunden, wie Du weißt. Du bist da sehr reflektiert und selbstkritisch, hast lange konsumfreie Zeiten etc. Du schreibst z.B., dass es Dir nicht schwerfällt, nach jedem Sommer nahezu vollständig auf Substanzkonsum zu verzichten. Es klingt so, als würdest Du schon selbst gut wissen, dass Dein Körper die Konsumpausen braucht, um sich zu erholen. Jedoch machst Du Dir Sorgen um eine mögliche Verschlechterung Deiner Denkkraft und Deiner Gesundheit, vor allem wenn sich diese Verschlechterung quasi unbemerkt und langsam heranschleicht. Sicherlich können wissenschaftliche Studien hilfreich sein, um Argumente für eine Entscheidung zu sammeln. Dennoch können auch sie nichts vorhersagen und es wird ein Rest an Unsicherheit bleiben. Die Frage ist, wie Du mit dieser Unsicherheit umgehen möchtest und kannst bzw. worauf Du bereit bist Dich einzulassen.
Nun ein bisschen ausführlicher:
Aus Deiner Mail konnten wir entnehmen, dass Du, seit Du 17 bist, diesen unregelmäßigen „Festival-Konsum“ betreibst.
Du hast angegeben, meistens Alkohol, Amphetamin, MDMA und Ketamin in großen Mengen im Mischkonsum zu Dir zu nehmen. Dazu kommt, dass Du das über mehrere Tage hinweg machst und ohne viel zu schlafen.
Mischkonsum dieser Substanzen stellt eine Belastung für Dein Herz-Kreislaufsystem dar. Generell ist Mischkonsum risikoreicher als Monokonsum, Dein Körper und Deine Psyche werden hierbei stärker belastet.
Eine ungefähre Orientierung kann Dir folgende Übersichtstabelle liefern: http://wiki.tripsit.me/wiki/Drug_combinations
Du hast geschrieben, dass Du außerhalb Deiner Konsumperioden viel Sport treibst, Dich gesund ernährst und viel für die Universität machst. Das ist toll. Auch, dass Du beim Feiern darauf achtest, genügend Flüssigkeit sowie Mineralstoffe und Vitamine zu Dir zu nehmen, ist super.
Um Deinen Konsum verantwortungsvoller und risikoärmer zu gestalten, könntest Du Dich noch mit weiteren Safer-Use-Regeln vertraut machen. Wir würden Dir empfehlen, Dich über die Pillen/das Pulver, welches Du konsumierst, vorher so gut es geht zu informieren. Man kann nie sicher sagen, ob nicht andere (wirkungssteigernde oder –abschwächende) Stoffe enthalten sind, oder gar toxische. Beispielsweise sind momentan viele sehr hoch dosierte MDMA-Pillen im Umlauf. Außerdem ist der Reinheitsgehalt von Amphetamin oft schwankend.
Man kann den genauen Wirkstoffgehalt einer Pille/eines Pulvers nicht beziffern, sofern Du auf den Festivals, die Du besuchst, nicht die Möglichkeit hast, Drug Checking in Anspruch zu nehmen. Schaue im Internet auf Seiten wie checkIt, EcstasyData oder PillReports oder auf unserer Website nach den aktuellen Pillenwarnungen. Gerade wenn Du Substanzen bei Fremden (z.B. auf einem Festival) kaufst, muss nicht zwangsläufig das drin sein, was der Verkäufer angegeben hat.
Solltest Du eine/mehrere der genannten Drogen nasal konsumieren, würden wir Dir empfehlen, die Regeln des Safer Sniefens zu beachten.
Möchtest Du die Risiken des Konsums weiter einschränken, könntest Du Deinen Mischkonsum etwas einschränken und versuchen, besonders riskante Mischungen zu vermeiden. Du kannst beispielsweise die Anzahl der Substanzen begrenzen und vorher festlegen, welche das sein sollen. So kannst Du die Wechselwirkungen der einzelnen Substanzen miteinander besser abschätzen.
In Deiner Email meintest Du, Du hättest gerne wissenschaftlich fundierte Informationen, welche Dich Deine aktuelle Konsumsituation überdenken lassen könnten.
Besonders sorgst Du Dich um eine mögliche Verschlechterung Deiner Denkleistung.
Amphetamine wirken neurotoxisch und führen bei häufigem Konsum zu irreparablen Schädigungen im Gehirn. /de/lexikon/speedpep
Dazu sei gesagt, dass die Risiken wahrscheinlicher auftreten, je häufiger und intensiver man konsumiert.
Es wird vermutet, dass Ketamin schon in geringen Dosen Funktionsstörungen in Gebieten des Gehirns auslösen kann, die für Gedächtnis, Lernen und Wahrnehmung verantwortlich sind (https://www.saferparty.ch/ketamin.html).
Hier ein sehr ausführlicher Bericht über Neurotoxizität und Langzeitfolgen von MDMA:
https://www.erowid.org/chemicals/mdma/mdma_neurotoxicity1.shtml
Versuche vor allem auf hohe Dosen MDMA und mehrmaliges Nachlegen zu verzichten.
Über mögliche durch MDMA hervorgerufene Schädigungen des Körpers kannst Du Dir auch folgende Anfrage bei Dr. Frühling durchlesen:
/de/drfruehling/viele-fragen-zu-sch%C3%A4den-durch-ecstasy
Auf https://suprat.de/suprat--neptune.html findest Du in den Handlungsleitlinien für medizinisches Personal in Großbritannien umfassende Informationen zu verschiedenen Substanzen und Langzeitnebenwirkungen.
Falls Du in Leipzig wohnst, kannst Du auch gerne zu einer persönlichen Beratung zu uns in die Demmeringstraße 32 kommen.
Fazit: Risikofreien Konsum gibt es nicht. Du musst für Dich abwägen, ob die Risiken, die Du mit dem Konsum eingehst, den Spaß wert sind.
Hilfreich beim Abwägen kann Folgendes sein: auf einer Seite eines Blattes aufzuschreiben, was positive Seiten Deines Konsums sind und Nachteile einer Konsumveränderung wären, auf der anderen Seite, welche negativen Aspekte Deines Konsums Du siehst und was Vorteile einer Konsumveränderung wären. Das kann helfen, Argumente zu sammeln und abzuwägen, was Dir davon besonders wichtig ist. So bekommst Du vielleicht mehr Klarheit über Deinen Konsum und Deine Beweggründe.
Falls Du noch weitere Fragen an uns hast, stehen wir Dir gerne zur Verfügung.
Viele Grüße
Deine Drug Scouts
Die Informationen in unserer Antwort sind keine Anleitung oder Motivierung zum Drogenkonsum! Aufgeführte Substanzen können dem BtMG [Betäubungsmittelgesetz] unterliegen. Besitz, Erwerb und Handel damit sind strafbar! Wenn die Stoffe frei verfügbar sind, heißt das nicht, dass ihr Gebrauch ungefährlich wäre. Dieser Text wurde nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch können Irrtümer nicht ausgeschlossen werden. Die Drug Scouts übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch irgendeine Art der Nutzung der Informationen dieses Textes entstehen.