Depressionen: Johanniskraut & MDMA - wie lange vorher absetzen?
Depressionen: Johanniskraut & MDMA - wie lange vorher absetzen?
Hallo liebes Team,
ich nehme seit einigen Monaten täglich 900mg Johanniskraut gegen leichte/mittelschwere Depressionen. In der Vergangenheit (vor der Behandlung mit Johanniskraut) habe ich bereits ein paar Mal MDMA konsumiert und konnte keine direkten negativen Auswirkungen spüren, weder unmittelbar danach noch einige Wochen/Monate später.
Nun ist das letzte Mal mehr als ein halbes Jahr her und ich würde im Sommer gerne auf einem Festival konsumieren. Eine meiner Körpergröße entsprechenden Dosis und unter Einhaltung der Safer Use Regeln (Bin ein kleiner Streber was das Druffen angeht :D) Wie lange vorher muss ich das Johanniskraut absetzen, um Wechselwirkungen mit MDMA zu 100% ausschließen zu können? Oder ist grundsätzlich vom MDMA-Konsum abzuraten, wenn man unter Depressionen leidet?
Nach den letzten Malen hatte ich immer ein bis zwei Wochen lang das Gefühl, die Symptome hätten sich deutlich verbessert. Die Stimmung war top, ich fühlte mich motiviert, habe Sport gemacht, meine Ernährung umgestellt. Danach bin ich nicht abgestürzt, sondern ganz langsam wieder in den gewohnten "depressiven Normalzustand" zurückgekehrt. Andernfalls hätte ich es garantiert bei einem Versuch belassen. Würde mich mit professionellem Feedback einfach sicherer fühlen, möchte aber nicht von meinem Hausarzt als Druffi abgestempelt werden, deshalb frage ich lieber hier.
Viele Grüße
Dr.-Frühling-Team:
Hallo,
vielen Dank für Deine Anfrage. Du möchtest von uns wissen, wie lange Du vor einem MDMA-Konsum die Einnahme von Johanniskraut gegen leichte bis mittelschwere Depressionen beenden solltest, um Wechselwirkungen zu vermeiden bzw. ob man bei Depressionen grundsätzlich auf den Konsum von MDMA verzichten sollte.
Die antidepressive Wirkung von Johanniskraut als pflanzliches Arzneimittel ergibt sich - nach derzeitigem Stand der Wissenschaft - aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Bestandteile der Pflanze, ist jedoch hauptsächlich auf den Inhaltsstoff Hyperforin zurückzuführen. Hyperforin bewirkt, ähnlich wie viele andere Antidepressiva (unter anderem) eine Hemmung der neuronalen Wiederaufnahme der Neurotransmitter Noradrenalin, Serotonin und Dopamin. Ähnlich wie bei der Einnahme anderer sogenannter Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (auch Selective Serotonin Reuptake Inhibitors = SSRI genannt), kann sich dann die empathogene und entaktogene, also die gefühlsbezogene Wirkung von MDMA nicht bzw. nur sehr schwer entfalten. Hierbei besteht das Risiko, dass aufgrund der ausbleibenden erwarteten Wirkung von MDMA weiter nachgelegt wird und es so zu einer erhöhten Belastung des Herz-Kreislauf-Systems kommt, sowie weitere (körperliche) Kurzzeitnebenwirkungen von MDMA hervorgerufen oder verstärkt werden können. Diese können unangenehm und bei hohen Dosierungen unter Umständen lebensgefährlich verlaufen.
Johanniskraut regt zudem das Abbauenzym Cytochrom P450 3A4 in der Leber an, wodurch der Abbau von vielen anderen Wirkstoffen beschleunigt wirkt. Ob dies auch für MDMA zutrifft, können wir leider nicht genau sagen, es ist jedoch nicht auszuschließen. Zudem können sich nicht vorhersehbare Wechselwirkungen mit den restlichen Inhaltsstoffen von Johanniskraut ergeben. Vor allem bei Ecstasy-Pillen, aber auch bei MDMA-Kristallen oder -Pulver, welche am Schwarzmarkt erworben werden, ist die Reinheit und der Wirkstoffgehalt nicht sicher gestellt und von außen schwer abschätzbar. Streckstoffe oder auch zusätzliche, andere psychoaktiv wirkende Inhaltsstoffe, können ebenfalls unvorhergesehene Wechselwirkungen hervorrufen.
Prinzipiell ist es also sinnvoll und ratsam, Johanniskraut vor einem MDMA-Konsum abzusetzen. Eine Herstellungsfirma eines Johanniskrautpräparates gibt an, dass das Extrakt nach dem Absetzen innerhalb von ca. 7-8 Tagen vom Körper ausgeschieden wird https://www.laif900balance.de/laif-900-balance/haeufige-fragen. Ob dies auch auf Präparate von anderen Herstellungsfirmen zutrifft, können wir leider nicht genau sagen, ist jedoch wahrscheinlich. Ggf. steht es aber in dem Beipackzettel Deines Medikaments, bzw. weiß die*der verschreibende Arzt* / Ärtztin*, der*die Apotheker*in Deines Vertrauens oder ist bei der jeweiligen Herstellungsfirma zu erfragen.
Ob bei einer Depression grundsätzlich von MDMA-Konsum abzuraten ist, lässt sich nicht so leicht beantworten. Betrachtet man die pharmakologische Wirkung von MDMA, die hauptsächlich mit einer (übermäßigen) Ausschüttung des "Glückshormons" Serotonin einhergeht, wird deutlich, dass der Konsum und die Zeit nach dem Konsum teils starken Einfluss auf Gefühlswelt und Stimmung nehmen kann. Viele User*innen beschreiben neben Erschöpfungsgefühlen, Gereiztheit, Konzentrationsschwierigkeiten, Abgespanntheit auch teils sehr intensive Gefühlstiefs bzw. depressive Verstimmungen in den Tagen nach dem Konsum. Es dauert unter Umständen einige Wochen, bis sich der Serotonin-Haushalt im Körper nach einem MDMA-Konsum wieder normalisiert bzw. reguliert. Für Menschen, deren Serotonin-Produktion bzw. -Übertragung generell Schwierigkeiten mit sich bringt, kann dies unter Umständen eine Verschlimmerung der depressiven Symptome bedeuten. Wenn Du nach dem MDMA-Konsum wieder mit der Einnahme des Johanniskrauts anfangen willst, wird es wieder 1-2 Wochen dauern, bis sich die Depotwirkung einstellt und das Hyperforin wieder seine volle antidepressive Wirkung entfaltet. Das gilt es vorher zu bedenken.
Wie auch Du beschreibst, ist jedoch nicht auszuschließen, dass eine positive MDMA-Erfahrung auch positive Auswirkungen auf die generelle Gefühlslage mit sich bringen kann und unter Umständen die Symptome einer Depression (wenn auch nur relativ kurzfristig) verbessern kann. Das scheint bei Dir die letzten Male der Fall gewesen zu sein, muss jedoch nicht unbedingt erneut zutreffen. Bedenke jedoch, dass schon allein das Absetzen des Johanniskrauts Dich wieder in eine allgemein depressivere Phase bringen kann, auf die Du dann den MDMA-Konsum setzt. Sowas kann dann eine sehr traurige, emotional belastende MDMA-Erfahrung mit sich bringen. MDMA wirkt nicht immer gleich, sondern kann die aktuelle Gefühlslage eher verstärken.
Die Sorge vor der Stigmatisierung von Seiten Deines Hausarztes ist nachvollziehbar, jedoch hängt eine gute Behandlung auch davon ab, ob dem* Arzt* / der* Ärzt*in alle Tatsachen bekannt sind. Ärzt*innen sind dazu da, ihre Patient*innen und deren Gesundheit zu unterstützen. Dein Hausarzt wird Dir aus medizinischer Sicht sicherlich von Deinem Vorhaben abraten, es darf jedoch keine schlechtere Behandlung für Dich folgen, wenn Du Dich nicht an seinen Rat hältst. Wenn Du ein Medikament absetzen und dafür andere Substanzen konsumieren möchtest, ist das prinzipiell eine wichtige Info für ihn. Nur so kann er Deinen Gesundheitszustand weiterhin gut einschätzen und die weitere Behandlung planen.
Grundsätzlich sollte man sich beim Arzt* / bei der Ärztin* wohl und ernst genommen fühlen. Sollte dies nicht der Fall sein, ist man frei, sich an eine*n andere*n Arzt* / Ärztin* zu wenden. So ist die Frage, ob sich für Dich wirklich Nachteile daraus ergeben, Deinen Arzt von Deinem Vorhaben in Kenntnis zu setzen. Da Du scheinbar nicht gewissenlos drauf los konsumierst, sondern Bereitschaft zeigst, Dich reflektiert mit dem Thema auseinanderzusetzen, wird es Deinem Arzt vielleicht auch gar nicht so schwer fallen, Dich weiterhin ernst zu nehmen und Dir eine gute Behandlung zu bieten. Schweigepflicht hat er in jedem Fall, auch in Bezug auf Drogenkonsum.
Egal wie Du Dich entscheidest, wir empfehlen Dir weiterhin vorsichtig vorzugehen und nach dem Absetzen des Johanniskrauts erstmal gut in Dich hineinzufühlen, ob bei der psychischen Verfassung in der Du Dich dann befindest, MDMA-Konsum eine wirklich gute Idee ist.
Wir wünschen Dir alles Gute.
Dein Dr.-Frühling-Team
Die Informationen in unserer Antwort sind keine Anleitung oder Motivierung zum Drogenkonsum! Aufgeführte Substanzen können dem BtMG [Betäubungsmittelgesetz] unterliegen. Besitz, Erwerb und Handel damit sind strafbar! Wenn die Stoffe frei verfügbar sind, heißt das nicht, dass ihr Gebrauch ungefährlich wäre. Dieser Text wurde nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch können Irrtümer nicht ausgeschlossen werden. Die Drug Scouts übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch irgendeine Art der Nutzung der Informationen dieses Textes entstehen.