Hatte ich eine MDMA Überdosis?
Hatte ich eine MDMA Überdosis?
Liebes Drugscouts-Team,
erstmal ein Lob vorweg für eure tolle Arbeit. Es ist schwer, ueber Jahre hinweg motiviert und aufrecht zu sein. Weiter so!
Mein Anliegen:
Vor 1 1/2 Monaten konsumierte ich das erste mal MDMA-Kristalle nasal. Es ist meine erste Erfahrung mit einer Droge abseits von Alkohol und THC gewesen. Die nasale Darreichungsform hat mir gar nicht gefallen, die Wirkung war sehr sozial und interessant, wir waren nicht grossartig feiern (nur eine Stunde) und haben uns zu zweit relativ konstruktiv und nachhaltig unterhalten.
Die zweite MDMA diesen Montag war ungeplant. Nach einer sehr harten Woche mit Nachtschichten und Bewerbungsstress und einer langen Zugfahrt besuchte ich meinen besten Freund, um mich mit ihm über meinen neuen Schicksalsweg auseinanderzusetzen. Ungeplant kam es dann zum MDMA-Konsum.
Wir wogen etwa 230 mg am (ich wiege etwa 78 KG) und nahmen dies Oral ein. Nach etwa 2 Stunden legten wir mit weiteren 230mg nach, worauf wir uns rasch übergaben. Es machten sich leichte Muskelzuckungen in den Beinen sowie feinmotorische Koordinationsstörungen breit. Wir legten nach weiteren 2 Stunden etwa 80 mg nach.
Es war eindeutig eine zu hohe Dosierung, starkes Schwitzen machte sich breit und die Wirkung war auch später leicht verpeilt. Die Wirkung klang 4 Stunden nach der Initialdosis relativ schnell ab. Am nächsten Tag schlief ich nur 6 1/2 Stunden, da
ich weitere Besuche zu tätigen hatte. Ich fühlte mich nicht schlecht. Die darauf folgenden Tage besuchte ich einige Bekannte und reproduzierte die letzten Wochen, Schicksalsentscheidungen (Studienwechsel) und die Beweggründe dafür. Es leerte
mich innerlich, strengte mich sehr an.
Am gestrigen Freitag merkte ich plötzlich leichtes Muskelzittern und ein Schwächegefühl (ich war in der Ubahn, eine Gruppe Jugendlicher waren sehr sehr laut und pöbelten rum, war wahrscheinlich die Situation in Kombination mit der nervlichen Erschöpftheit). Ich trank 500ml frischen Grapefruitsaft, es ging wieder besser.
Jetzt sitze ich bei meinem Wochenend-Nachtjob, recherchiere über die Dosis und mache mir Gedanken, dass ich an dem genannten Abend massiv zu viel MDMA konsumierte. Nun möchte ich Sie fragen, ob es noch im Vertretbaren Rahmen war (ja, es war eine Ueberdosis), ich mir Sorgen machen muss oder ob die Erschöpfungserscheinungen durch die Rahmenbedingungen plus der hohen Dosis ueblich sind und ich mir einfach genug Ruhe gönnen sollte, um wieder ins Lot zu kommen.
Es ist nicht so, dass ich extreme Gefühlsveränderungen habe oder eine innere Zerrissenheit. Mir ist schon klar, dass das ganze Reisen, die Lebenssituation und die Rastlosigkeit einen Einfluss haben, ausserdem kommt die Ausgeglichenheit langsam wieder.
Jedoch merke ich immer noch eine gewisse innere Erschöpfung, die über meine sonstige Konstellation hinausgeht. Da ich immer von Dosen um die 1,3mg x Körpergewicht lese und selber sehr viel mehr konsumierte (an jenem Abend), macht sich doch eine gewisse Unruhe in mir breit. Es liegt mir einfach am Herzen, ein Feedback von erfahrener Stelle zu bekommen.
Merci für Ihre Mühe,
Dr. Frühling:
Hallo,
vielen Dank für Dein Lob über unsere Arbeit.
Und nun zu Deiner Frage, wie Du die konsumierte Menge an MDMA und Deine Verfassung einschätzen sollst:
Du schreibst, dass Du schon nach der Dosis recherchiert hast und Dir jetzt Sorgen machst. Auf unserer Substanzseite zu Ecstasy kannst Du Dich ausführlich informieren und in den Erfahrungsberichten anderer User stöbern.
Ebenfalls findest Du bei den Pillenwarnungen Angaben zur Dosierung von MDMA, die Deiner konsumierten Menge entsprechen. Ähnlich wie Du es formulierst, gilt als Faustregel bei MDMA ein oberer Grenzwert von 1,5 Milligramm pro Kilo Körpergewicht. Je nach Konstitution und Gewöhnung des Konsumenten/der Konsumentin kann eine Überschreitung dieser Grenzwerte zu einer Überdosierung mit unangenehmen Folgen für die Befindlichkeit führen. Die in der Regel zu angenehmen Empfindungen führenden Dosierungen liegen etwa 20 Prozent unterhalb dieser Grenzwerte. Bei einem Körpergewicht von 78 kg entspricht das 120 mg, also der Menge, die Du konsumiert hast, wenn wir davon ausgehen, dass ihr euch die 230 mg geteilt habt.
Auf dieser Seite www.erowid.org/chemicals/mdma/mdma_dose.shtml haben wir dazu eine Dosis-Wirkung Einteilung für oralen Konsum gefunden.
Schwelle: 30 mg
leicht:40-75 mg
üblich (kleine oder empfindl. Personen): 60-90 mg
üblich (die meisten Personen): 75-125 mg
üblich (große oder unempfindlichere Personen): 110-150 mg
stark: 150-200 mg
heftig:200+ mg
Wahrscheinlich sorgst Du Dich über die Gesamtmenge von 270 mg an diesem Abend. Es ist schwierig, eine konkrete Aussage zu dieser Menge in Anbetracht des Konsumzeitraumes zu machen. Zum einen sind zwischen den ersten beiden Einnahmen von je 115 mg 2 Stunden vergangen, in denen sich auch schon ein Teil der Substanz abgebaut hat und zum anderen habt ihr die zweite Portion von 115 mg zeitnah erbrochen, wodurch diese Menge eventuell gar nicht zur Wirkung kam. Schließlich hast Du diese Menge nicht auf einmal konsumiert, und außer den beschriebenen Nebenwirkungen berichtest Du von keinem extremen Trip oder von weiteren beunruhigenden körperlichen Beschwerden wie Herzrasen, extrem erhöhter Körpertemperatur oder Kreislaufkollaps. Auch das schnelle Abklingen 4 Stunden nach der ersten Einnahme spricht gegen eine außergewöhnliche Beanspruchung. Zu beachten ist außerdem, dass sich die Dosisangaben von oben auf reines MDMA beziehen. Selbst MDMA-Kristalle müssen nicht 100% rein sein und können mit Streckstoffen und anderen Substanzen vermischt sein.
Was Deine Erschöpfungserscheinungen, Schwächegefühl und innere Unruhe betrifft, sind dies typische, weit verbreitete und kaum umgehbare Nebenwirkung von MDMA-Konsum, die als After-Party-Depression meistens ein bis zwei Tage nach dem Konsum beginnen und dann unterschiedlich lange anhalten. So kann es zu beschriebener Erschöpfung, aber auch Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und allgemeinem Durchhängen kommen. Zurück zu führen ist dies auf die extrem hohe Serotonin-Ausschüttung und die gleichzeitige Hemmung der Re-Produktion von Serotonin. Wenn die Wirkung also nach Stunden abklingt, sollte man das einfach akzeptieren und nicht nachlegen, da die Serotoninspeicher weitgehend geleert sind und die Wirkung weiterer Mengen immer schwächer oder kaum noch spürbar wird. Die volle Wirkung kann erst wieder nach 4-6 Wochen Konsumpause erzielt werden.
Hier noch ein Link zu einer neuen Studie zu Ecstasy-Konsum, die zu dem Schluss kommt, dass Ecstasykonsum die mentale Leistungsfähigkeit nicht mindert:
www.addictionjournal.org/pages/news-meetings (Link defekt) (auf Englisch)
Es ist gut möglich, dass die Nebenwirkungen durch Deine momentane Lebenssituation mit Stress, vielem Unterwegssein, großen Veränderungen und auch einem Nachtjob verstärkt oder stärker wahrgenommen werden. Das Bewusstsein über diesen Zusammenhang ist schon ein Anfang, sich zu beruhigen. Versuche einfach, Dir etwas mehr Ruhe und Entspannung zu gönnen, z.B. mit Hilfe der Broschüre "Party Food", die sich mit ausgleichenden Maßnahmen bei der Einnahme von Partydrogen befasst und mit dem Thema Ernährung eine liebevolle Pflege von Körper und Geist ins Bewusstsein rückt.
Und zum Schluss noch folgender Hinweis: Auch bei Einhaltung der Angaben zur Dosierung sind Risiken und Nebenwirkungen nicht gänzlich auszuschließen. Nimm lieber erst weniger, um Dich vor Überdosierungen zu schützen. Nicht gleich nachlegen! Informieren kannst Du Dich z.B. hier. www.ecstasydata.org/
Wir wünschen Dir alles Gute.
Dein Dr.- Frühling-Team
Die Informationen in unserer Antwort sind keine Anleitung oder Motivierung zum Drogenkonsum! Aufgeführte Substanzen können dem BtMG [Betäubungsmittelgesetz] unterliegen. Besitz, Erwerb und Handel damit sind strafbar! Wenn die Stoffe frei verfügbar sind, heißt das nicht, dass ihr Gebrauch ungefährlich wäre. Dieser Text wurde nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch können Irrtümer nicht ausgeschlossen werden. Die Drug Scouts übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch irgendeine Art der Nutzung der Informationen dieses Textes entstehen.