In Arterie injiziert (Leiste) - brauche ich Behandlung?
In Arterie injiziert (Leiste) - brauche ich Behandlung?
Dr.-Frühling-Team:
Hallo,
gut, dass Du fragst. Schonmal vorne weg - injiziere am besten nichts mehr in die Stelle und geh schnellstmöglich in ein Krankenhaus und lass Dich untersuchen.
Vor allem, wenn Du Dir tatsächlich mehrere Male verschiedene Substanzen in die Arterie injiziert haben solltest, ist es unwahrscheinlich, dass die Symptome wieder von alleine weggehen. Die Folgen können neben den Schmerzen und Blutergüssen, z.B. Thrombosen (Blutgerinnsel / Blutpfropf in den Blutgefäßen), Embolien (ein vollkommener Verschluss von Blutgefäßen) sein. Entzündungen können entstehen und zu (tiefliegenden) Abszessen führen, die in der Leistengegend schwer behandelbar sein können. Eine entzündete Arterie kann unter Umständen aufplatzen und zu lebensbedrohlichen (inneren) Blutungen führen.
Die Substanzen werden nach dem Spritzen in eine Arterie, anstatt ins Gehirn eher direkt in das Gewebe transportiert, welches von der Arterie versorgt wird. Neben Schädigungen durch die (unverdünnten) Substanzen kann es bei einem Arterienverschluss zusätzlich durch eine Sauerstoffunterversorgung zu einer (dauerhaften) Schädigung kommen und im schlimmsten Fall stirbt das Gewebe, das die verschlossene Arterie versorgen soll ganz ab (Nekrose). Die Folgen können Lähmungen, der Verlust von Extremitäten (Fingern, Zehen usw.) sein oder im allerschlimmsten Fall durch eine weitere Vergiftung des Körpers durch das bereits abgestorbene Gewebe (Sepsis) zum Tod führen.
Das Projekt Fixpunkt e.V. in Berlin schreibt außerdem dazu:
"Wenn Ihr Cocktails [also verschiedene Substanzen] in die Leiste oder den Hals spritzt, erhöht sich die Gefahr noch einmal, denn das mitgespritze Koks betäubt das Gewebe, so dass Ihr Fehlinjektionen zunächst nicht bemerkt. Besonders schimm ist es, wenn der Nerv mit betroffen ist. Injektionen in die Leiste führen auch deshalb gehäuft zu Abszessen, weil die Nähe des immer bakteriell besiedelten Genitalbereichs ein besonderes Entzündungsrisiko darstellt."
Quelle: http://www.fixpunkt-berlin.de/fileadmin/user_upload/PDF/Infomaterial/SaferUse/09_leiste.pdf
Zwar stimmt es, dass in manchen ärztlichen Behandlungen interarterielle Injektionen angewendet werden, diese finden jedoch nur in Ausnahmefällen und in der Regel nicht in der Leistengegend statt. Zudem werden sie von Fachpersonal und unter Krankenhausbedingungen (steril!) durchgeführt und bleiben im Anschluss unter ärztlicher Beobachtung.
Auch wenn das alles ganz schön Angst machen kann - je schneller Du Dich untersuchen lässt, desto geringer ist das Risiko, bleibende Schäden davonzutragen. Wir können nachvollziehen, dass Du große Hemmungen hast und es ist nicht auszuschließen, dass Du im Krankenhaus ggf. Stigmatisierung erfährst (von manchem Personal komisch oder abschätzig behandelt wirst) - mach Dir aber bewusst, dass Dir eine angemessene Behandlung zusteht, wie jedem anderen Menschen auch, selbst falls Du keine Krankenversicherung haben solltest. Dafür sind Krankenhäuser und Ärzt*innen da. Vielleicht gibt es auch eine vertraute Person in Deinem Umfeld, die Dich dorthin begleiten und im Zweifelsfall unterstützen kann.
Im Krankenhaus kann auch geklärt werden, welche Ursachen der Husten und die Schmerzen in der Lunge haben. Wir können nicht sagen, ob die Symptome direkt mit der Injektion in die Leiste zu tun haben, jedoch machen sie deutlich, dass Dein Immunsystem gerade ganz schön zu tun hat und Unterstützung brauchen kann. Auch können sie Dich im Krankenhaus mit Medikamenten versorgen, falls Du in einen Entzug kommst. Wenn Du nicht ganz aufhören kannst zu konsumieren, wähle eine schonendere Art, z.B. oral (schlucken) oder durch Po-Inkektion (ohne Nadel). Mehr Infos dazu findest Du z.B. im Infoflyer der Aids-Hilfe:
https://www.aidshilfe.de/shop/pdf/2472
Rauchen empfiehlt sich bei Dir eher nicht, wenn Du gerade Lungenprobleme hast.
Solltest Du (nach einem Krankenhausaufenthalt) weiter durch Injektion konsumieren wollen - In Konsumräumen oder in anderen Projekten ähnlich wie Fixpunkt e.V. gibt es meistens auch sog. "Stauberatungen" bei denen in Begleitung von Pflegepersonal das Finden von Venen in weniger riskanten Bereichen des Körpers geübt werden kann. Die Mitarbeitenden in diesen Projekten sind meist sehr unterstützend und ermutigend und können Dir evtentuell Tips geben, welche Krankenhäuser und Ärzt*innen ggf. für weitere Behandlungen zu empfehlen sind. Auf der Seite der Aids-Hilfe findest Du durch eingeben Deiner Postleitzahl den nächstgelegenen Konsumraum:
https://www.drogenkonsumraum.net/
Weitere Safer-Use-Infos für den intravenösen Konsum, kannst Du hier nachlesen:
https://drugscouts.de/de/page/safer-use-infos-f%C3%BCr-heroinkonsumentinnen
Wir wünschen Dir, dass alles gut geht!
Beste Grüße
Dein Dr.-Frühling-Team
Die Informationen in unserer Antwort sind keine Anleitung oder Motivierung zum Drogenkonsum! Aufgeführte Substanzen können dem BtMG [Betäubungsmittelgesetz] unterliegen. Besitz, Erwerb und Handel damit sind strafbar! Wenn die Stoffe frei verfügbar sind, heißt das nicht, dass ihr Gebrauch ungefährlich wäre. Dieser Text wurde nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch können Irrtümer nicht ausgeschlossen werden. Die Drug Scouts übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch irgendeine Art der Nutzung der Informationen dieses Textes entstehen.