Nach Kiffen: Panikattacke oder doch mehr?
Nach Kiffen: Panikattacke oder doch mehr?
Hallo, Ich habe gestern gekifft, nur eine kleine Tüte, bin eigentlich viel mehr gewöhnt. Darauf hin wurde mir irgendwann schwindelig, ich konnte nicht mehr richtig gehen und lag mich in mein Bett und hörte Musik. Dies ging auch einige Zeit lang gut und ich dachte alles wäre in Ordnung. Doch nach einiger Zeit bemerkte ich, dass mein Herzschlag extrem ansteigt. Es füllte sich für mich gefährlich an. Ich versuchte mich nicht darauf zu konzentrieren, aber es wurde immer mehr und extrem laut. Das Herz pumpte wie ein Maschinengewehr, begleitet von Schmerzen in der brust. Ich blieb liegen und versuchte mich zu beruhigen. Nach einer Ewigkeit dachte ich die Situation im Griff zu haben, und wollte Schläfen gehen. Doch beim einschlafen bemerkte ich komische, beängstigende Gefühle. Ein Gefühl der Taubheit im Hals an der Hauptschlagader, dass bis zu meinem Bein durchgezogen war. Ich bekam Panik und sprang auf, mir war extrem schwindelig und ich konnte kaum gehen mein kompletter Körper zitterte und ich war mir sicher ixh würde jeden Moment umkippen. Ich ging zum Fenster machte es auf und saß mich daneben, ich nahm langsam tief Luft. Mein kompletter Körper zitterte extrem, unkontrollierbar, meine Arme und Beine und eigentlich alle Muskeln. Ich dachte ixh sterbe und hatte dauerhaft die Notrufnummer eingetippt, sodass ich nur noch auf den grünen Knopf drücken musste. Das Zittern blieb 10 Minuten und wurde langsam schwächer, immer wenn ich jedoch aufgestanden bin begann es wieder, startend mit zitternden knien. Ich hatte danach noch öfter ein komisches Ziehen gefühlt in allen Teilen des Körpers. Die Schmerzen im Brustkorb blieben dabei durchgehen. Später kamen noch extrem heftige Kopfschmerzen dazu, die auch den kompletten folgetag anhielten. Ich war dann noch etwa 2 Stunden wach, nachdem die Lage einigermaßen unter Kontrolle war und spürte alle paar Sekunden dieses "Ziehen" an irgend einer Stelle meines Körpers. Ich war mir während der kompletten Zeit sicher bzw. redete mir ein, es wäre nur eine Panikattacke und ich muss mich nur beruhigen. (Hatte davor noch nie eine) Das klappte aber nicht wirklich gut. Ich war mir sicher, ich würde sterben. Inwiefern treffen die Symptome auf eine Panikattacke zu? Oder kann es doch was anderes sein? Sicher ist, dass ich mir den extremen Herzschlag nicht eingebildet habe, er war wirklich extrem heftig, das kann keineswegs gesund gewesen sein. Auch das Zittern beunruhigt mich, ich konnte fast nichts mehr machen, hätte ich etwas aus einem Glas trinken wollen, hätte ich alles verschüttet. Ich würde mich über eine Antwort freuen.
Dr.-Frühling-Team:
Hallo,
danke für Deine Anfrage. Du möchtest von uns wissen, ob die von Dir beschriebenen Symptome bedeuten, dass Du eine Panikattacke hattest beziehungsweise, was die Ursachen dafür gewesen sein könnten.
„Als Panikstörung oder Panikattacke bezeichnet man eine extreme Form einer Angststörung, die sich durch sehr kurze Episoden intensiver Angst auszeichnet, die einige Minuten andauern und in denen die Betroffenen Todesangst erleben, verbunden mit Schmerzen im Brustkorb, dem Gefühl zu ersticken oder anderen Furcht erregenden Empfindungen. Panikattacken sind somit kurze Phasen intensiver Angst und starken Unbehagens, die in der Regel von intensiven körperlichen Symptomen begleitet werden, und plötzlich ohne ersichtliche Ursache auftreten. Bei vielen Betroffenen steigt dabei der Blutdruck, sie atmen schneller, verspüren ein Zittern oder Ziehen in der Brust, Durchfall und Harndrang treten ebenfalls auf.“ (Stangl, 2017, URL: http://lexikon.stangl.eu/3771/panikattacke-panikstoerung/ )
Deine beschriebenen Symptome passen zu denen einer Panikattacke. Ungefähr 30 Prozent aller Menschen erleben in ihrem Leben auch mindestens eine Panikattacke. Allerdings leiden nur 1-2 Prozent der Bevölkerung an einer Panikstörung. Die intensive Angsterfahrung, die Du gemacht hast, heißt also nicht unbedingt, dass das in Zukunft öfter auftritt oder es sich dabei um eine psychische Erkrankung handelt. Bei Menschen, die eine Panikattacke hatten, besteht allerdings das Risiko allmählich eine Angststörung zu entwickeln, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum immer wieder Sorgen darüber machen, wieder eine Panikattacke zu bekommen.
Nun ist es möglich, dass die von Dir beschriebene Angstreaktion durch das Kiffen ausgelöst wurde bzw. das Kiffen die Symptome verstärkt hat.
Wie sich die Wirkung entfaltet, hängt von den Eigenschaften der Substanz(en) ab, der Wirkstoffzusammensetzung, dem Wirkstoffgehalt, von eventuell enthaltenen Streckmitteln sowie von der Dosierung, der Gewöhnung und der Konsumform. Zudem wird die Wirkung von der eigenen körperlichen und psychischen Verfassung, also dem Set, beeinflusst sowie vom Setting, worunter man die psychischen, sozialen und kulturellen Aspekte des Umfeldes versteht. Wenn du also z.B. in einem Dir vertrauten Zimmer mit guten Freund*innen bist, ist es wahrscheinlicher, dass die Wirkung der Droge als angenehm erlebt wird.
Da Du nicht konkret benennst, um welche Substanz(en) es sich bei der Tüte gehandelt hat, können wir nur vermuten, dass Du entweder von Cannabis oder von Räuchermischungen / Synthetischen Cannabinoiden sprichst, eventuell gemischt mit Tabak.
Cannabiskonsum hat eine gefäßerweiternde Wirkung (ob das bei allen Räuchermischungen, die mit synthetischen Cannabinoiden versetzt wurden, genau so ist, können wir leider nicht genau sagen). Das bedeutet, dass der Blutdruck sinkt und das Herz schneller zu schlagen beginnt, da es mehr Kraft aufwenden muss, um eine ausreichende Menge an Blut durch den Blutkreislauf zu pumpen. Bei einer Überdosierung oder bei Menschen, die einen schwachen Kreislauf haben, kann sich dies in einem extrem schnellen Herzschlag und Schwindelgefühl, Übelkeit, Kopfschmerzen, Zitter- oder Krampfanfällen und im Extremfall auch in einem Kreislaufzusammenbruch äußern. Dies sind alles Symptome, die Du auch beschrieben hast. Die Symptome können sich verstärken, wenn der Blutzuckerspiegel sehr niedrig ist, Du also längere Zeit nichts gegessen oder Dich im Vorhinein körperlich sehr verausgabt hast. Hierbei kann es auch sein, dass bereits die Dosis, die Du üblicherweise konsumierst, oder eine geringere Dosis zu viel für den Körper ist.
Zudem können Cannabis und Räuchermischungen mit synthetischen Cannabinoiden (stark) wahrnehmungsverändernd und -verstärkend wirken, was das Risiko paranoider Zustände erhöhen kann. Diese wiederum äußern sich oft durch Herzrasen und Kurzatmigkeit oder eben auch durch ein Zittern im Körper. Durch die Angst davor oder die Unklarheit, wie das alles einzuordnen ist, können sich die körperlichen Symptome zusätzlich verstärken, was wiederum die Panik erhöht.
Zu betonen ist hierbei, dass synthetische Cannabinoide durch ihre Wirkungsweise höhere Risiken bergen können als natürliches Cannabis und weit häufiger von unangenehmen und gesundheitsgefährdenen Symptomen bis hin zu Todesfällen durch den Konsum berichtet wird.
Es handelt sich zwar nicht um die Regel, dennoch haben wir von ein paar Fällen gehört, bei denen natürliches Gras mit synthetischen Cannabinoiden besprüht und verkauft wurde. Ein Grund dafür könnte bspw. sein, dass das Gras "zu schwach" ausgefallen war, also nicht die gewünschte Wirkung erzeugte und dann mit günstigen, einfach verfügbaren, synthetischen Cannabinoiden "verstärkt" werden sollte. Die Wirkung und die Nebenwirkungen können sich dabei jedoch enorm von natürlichem Cannabis unterscheiden, verstärkt auftreten und zu unvorhergesehenen Kurz- und Langzeitfolgen führen. Nähere Informationen dazu findest Du auf unserer Seite unter Drogen & Info >> Substanzen >> Cannabis und unter Räuchermischungen / Synthetische Cannabinoide oder hier: https://legal-high-inhaltsstoffe.de.
Durch die Eigenschaften des Tabaks stellt der Mischkonsum von Tabak, Cannabis und / oder Räuchermischungen eine besondere Belastung für den Körper dar. Näheres zur Wirkung von Tabak findest Du unter Drogen & Info >> Substanzen >> Tabak.
Welche Substanz(en) in Deinem Joint enthalten waren, können wir jedoch nicht beurteilen.
Die von Dir erlebten Symptome sind stark, aber nicht total ungewöhnlich. Es ist jedoch verständlich, dass sie Dir Angst gemacht haben, vor allem, weil Du vorher nie so etwas erlebt hast. Wenn Du auf Nummer sicher gehen willst, was die körperlichen Symptome angeht oder diese häufiger bzw. in anderen Situationen auftreten, geh zu einem*r Ärzt*in und lass Dich durchchecken. Diese unterliegen der Schweigepflicht. Du musst also keine Angst haben, dass das von Dir Geschilderte weiter gegen Dich verwendet wird.
Sollten die Symptome (auch ohne Konsum) wieder auftreten oder Deine Gedanken weiterhin um die Panikattacke kreisen, versuch Dich erstmal so gut es geht abzulenken. So wie Du die Situation beschreibst, hast Du schon einige gute Maßnahmen ergriffen. Frische Luft, sich hinlegen oder bewusst und gezielt bewegen (Schritte zählen, um die Energie zu kanalisieren), ein einfaches Körperstrecken und tiefes bewusstes Durchatmen können da mitunter schon helfen. Versuch, Dich zu entspannen und herauszufinden, was Dein Körper gerade brauchen könnte. Wasser und Traubenzucker, Obst oder vitaminhaltige Getränke können den Kreislauf stabilisieren. Es kann auch hilfreich sein, autogenes Training, Yoga oder andere Entspannungstechniken auszuprobieren. Versuch Dich weiter zu beruhigen und nicht zu sehr hineinzusteigern, auch wenn es schwerfällt. Manchmal kann genau dies wie oben erwähnt zu der entgegen gesetzten Wirkung führen und somit die Panik noch mehr fördern. Solltest Du das Gefühl haben, Du bist mit der Situation alleine überfordert, hilft es vielleicht zunächst eine Dir vertraute Person zu kontaktieren. Solltest Du wirklich Todesangst bekommen und Du die Symptome nicht genau deuten können, scheu Dich nicht, den Notruf zu wählen. Die Person, die den Notruf entgegen nimmt, kann in der Regel genau einschätzen, ob ärztliche Hilfe nötig ist.
Wir wissen nicht, ob Du vorhast weiterhin zu kiffen. Falls ja, kann es durchaus sein, dass die damit verbundenen Ängste und Symptome beim nächsten Konsum wieder hochkommen bzw. auftreten - diese durch den Konsum sozusagen getriggert werden. Wir raten Dir deshalb davon ab. Vor allem, wenn Du Dir nicht sicher bist, welche Substanz(en) Du vielleicht in Deinem Joint geraucht hast.
Sollte sich Deine Situation nicht bessern oder machst Du Dir weiterhin Sorgen, vertrau Dich jemandem an und / oder wende Dich auch an eine*n Psychiater*in.
Wir wünschen Dir auf jeden Fall alles Gute!
Dein Dr.-Frühling-Team
Die Informationen in unserer Antwort sind keine Anleitung oder Motivierung zum Drogenkonsum! Aufgeführte Substanzen können dem BtMG [Betäubungsmittelgesetz] unterliegen. Besitz, Erwerb und Handel damit sind strafbar! Wenn die Stoffe frei verfügbar sind, heißt das nicht, dass ihr Gebrauch ungefährlich wäre. Dieser Text wurde nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Dennoch können Irrtümer nicht ausgeschlossen werden. Die Drug Scouts übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch irgendeine Art der Nutzung der Informationen dieses Textes entstehen.