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an 62jährige

Hallo, vielen Dank, dass du mir wieder schreibst und mir Mut machst. Ich wünschte, ich könnte dir etwas Aufmunterndes sagen wegen deiner Trauer, aber das ist wohl ein so großer Schmerz, dass Worte da noch wie Salz in der Wunde wirken, jedenfalls glaube ich, dass ich so an deiner Stelle fühlen würde. Also kann ich dir nur deine Worte zurückgeben, helfen wird dir die Zeit, hoffe ich zumindest. Du hast mir mal geschrieben, ich solle z.B. ein Praktikum in einer dieser Hilfestellen für Obdachlose oder so machen, dann werde ich sehen, dass es Menschen gibt, denen es noch wesentlich schlechter ginge, als mir. Neben deinem Schmerz kommt mir das, was ich fühle auch lächerlich und konstruiert vor, doch ich gehöre nicht zu den Menschen, die das Leid anderer aufbaut (das hat doch etwas Schadenfreudiges), ganz im Gegenteil, ich fühle mich noch schlechter, mit diesen Menschen und auch, weil es mir so gut geht, im Vergleich zu ihnen und dass ich es wage, dabei noch zu meinen, mir ginge es schlecht. Aber jeder hat seine eigene Tragödie und sie kommt ihm überdimensional groß vor. Im Maßstab der Weltereignisse (Kriege, Hunger, hunderte Serienmörder, die noch frei herumlaufen) ist wohl der Tod eines einzelnen Menschen auch nicht so dramatisch, auch wenn das jetzt sehr grausam klingt, aber er ist es eben für dich. Was soll man messen, wer das größere Leid, den größeren Schmerz hat. Es wird niemals besser davon. Das ist alles subjektiv, wie alles andere. Und es ist sehr schwer, seinen Drogenkonsum vor jemandem zu rechtfertigen, der dadurch einen geliebten Menschen verloren hat, nur will ich mich eigentlich gar nicht rechtfertigen. Irgendwie ist das absurd: Ich soll rechtfertigen, dass ich mich selbst zerstöre. (Ob das an sich nicht schon absurd ist, ist eine andere Frage.) Meine Freunde sind davon auch nicht begeistert und die wissen selber nicht so gut über Drogen Bescheid, bis auf zwei, von denen einer meinen Konsum gutheißt. Mit ihnen über die anderen Dinge zu reden, klappt auch nicht so recht, ich hasse es nunmal, andere Menschen mit meinen Problemen zu belästigen und hier tue ich es nur, da du es ausdrücklich wünschst und auch, weil es sich hier um ein Forum handelt, in dem viele Leute mit etwa diesen Problemen bei sich oder Angehörigen unterwegs sind und denen das hier vielleicht in der einen oder anderen Weise hilft, entweder, weil sie dann besser verstehen, wie ein geliebter Mensch fühlt, oder weil sie vielleicht das, was sie selbst nicht richtig bewusst fühlen hier formuliert finden und sich so ein wenig besser über sich selbst klar werden. Gerade mit dem Begriff Borderline können viele, wie etwa ein Mädchen aus meiner Klasse, das neulich mit mir zu sprechen versuchte (sie versteht das auch nicht und sieht nur den Aspekt der Selbstzerstörung, was mir leider keineswegs weiterhilft), gar nichts anfangen. Borderline ist ziemlich häufig bei Süchtigen jedweder Coleur anzutreffen und womöglich liest hier der ein oder andere die Symptome und kann so seine eigenen extremen Gefühle endlich einordnen. Für meine Mutter existiert so etwas wie Borderline gar nicht und sie will das auch nicht akzeptieren. Ich habe es aufgegeben, bei ihr Verständnis oder die Mutter-Tochter-Beziehung, nach der ich mich eigentlich sehne, zu suchen und versuche nur noch, mit ihr irgendwie auszukommen, bis sich die Gelegenheit ergibt, etwas zu ändern. Dass mir das helfen würde, weiß ich ganz genau, da hast du absolut recht, aber wie? Ein Auslandsjahr ist bis zum Abi wohl ausgeschlossen. Mit einer erfolgreich geschriebenen Prüfung bin ich dem heute aber wieder einen kleinen Schritt näher gekommen, und siehe, meine Familie ist gleich einganzes Stück freundlicher - da sieht man, was für die nur zählt. So hat meine Mutter mich schon am Montag, also tags nachdem ich das letzte Mal schrieb, dermaßen gestresst, dass ich mich mit Tramadol vollgepumpt habe. Naja, klingt jetzt so, als wäre es ihre Schuld, aber mir ging es scheiße und ich habe ausdrücklich gebeten, mich in Ruhe zu lassen (ich muss allein sein, wenn es mir mies geht), während sie immer wieder auf mich drang; da darf sie sich nicht wundern, wenn ich aggressiv werde, niemand möchte, geschweige denn, wenn es einem so schlecht geht, noch bedrängt werden. Diese Taktlosigkeit macht mich einfach fertig. Mit meinen Freunden sehe ich mich eigentlich kaum, ich chatte, simse oder telefoniere meist mit ihnen, hauptsächlich, weil ich hier weg und für mich sein kann, wann immer es mir passt. Mich überfällt nämlich manchmal, vor allem irgendwo an öffentlichen Plätzen, wo zig Leute sind, der kaum zu zähmende Drang, einfach wegzulaufen und mich vor ihnen zu verstecken; zu rennen, bis meine Lunge fast zu platzen scheint, mein Herz so hämmert, dass es mir die Rippen sprengen könnte, alles um mich weiß wird und ich einfach nichts mehr denke und fühle. So möchte ich manchmal laufen, vor allem und jedem. Das ist ein Gefühl, wie das Ritzen. Dann möchte ich mir, wenn ich schon nicht loslaufen kann, die Klinge mit voller Wucht durch den Arm ziehen, so tief, dass ich keinen Schmerz mehr spüre, das Blut auf den Boden tropfen sehen, große, dunkelrote Tropfen, die Augen schließen und alle zum Henker wünschen. Ich möchte dass nichts mehr da ist, schon gar nicht ich. Aber wem soll ich das erklären? Wer versteht das? Jeder "normale" Mensch würde mich zum Psychiater schicken und jeder Psychiater mich bei diesen Worten sofort in eine Klinik einweisen. In einer Klinik würde sich das ein anderer Psychiater alles anhören, mit einem singsang-artigen "mhm,mhm" alles notieren, mir Antidepressiva verschreiben, oder irgendwelche anderen Pillen, und man würde mich da drin lassen, bis der letzte Rest meiner Persönlichkeit soweit zerbrochen ist, dass ich "geheilt" bin und in die Welt der "Gesunden" entlassen werden kann. Auf eine verrückte Weise hänge ich an meiner Borderline. Kann sein, dass es Schwachsinn ist, aber ich habe das Gefühl, dass ich durch eine Therapie diese Intensität der Wahrnehmung verlieren würde, dass darin meine Kreativität liegt; und ich habe so große Angst, sie zu verlieren... Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in den Phasen, wo es mir besser ging, etwas Nennenswertes geschrieben hätte, überhaupt, wenn es mir gut ging, höchstens high, aber das ist wieder was anderes. Niemand von meinen Freunden versteht das. Wer weiß, ob ich sie mit alldem nicht bald gänzlich vergraule, dann habe ich nur noch Freunde, wenn sie injektionstauglich sind. Meine Familie würde und habe ich damit zu Tode erschreckt. Was soll ich also machen? Ich habe eine gewisse Ahnung, dass du, nachdem du das gelesen hast, den Kopf schütteln und sagen wirst: Krankes Mädchen, hoffentlich nimmt sich ein Arzt ihrer an; oder vielleicht auch, der kann nur noch der liebe Gott helfen - an den ich übrigens nicht glaube. Und dass du mir dann nicht mehr schreiben wirst. Ist wahrscheinlich auch besser so, ich habe dich schon genug belästigt. Ein Junkie, der dir das Leben kaputt gemacht hat, reicht doch bei Weitem, oder willst du mich vielleicht adoptieren - ich könnte versuchen, clean zu bleiben! (Das ist jetzt nicht wirklich ernst gemeint, so gestört, das ernsthaft vorzuschlagen, bin ich dann doch nicht.) Im Moment habe ich jedenfalls den Vorsatz gefasst, wenigstens nicht zu fixen, solange ich es nicht ganz ordentlich kann, um diesen Scheißeinstich (vom vorletzten Sonntag!!) zieht es immer noch ziemlich unangenehm. Allerdings überlege ich derzeit, ob ich den Stoff nicht mal rauche. Verkleistert zwar die Lunge fürchterlich, aber ich bin eh kaputt, was solls. Auf die Pillen, die ich früher massenhaft geschluckt habe, habe ich keine Lust. Höchstens als Antiemetika, wenn ich wieder Trama schlucke. Bis auf die grauenhafte Übelkeit hat das Zeug gleich hinter Heroin Potenzial, meine Lieblingsdroge zu werden, den ekelhaften Paracetamolverschnitt will ich mir aber eigentlich wie gesagt nicht geben. Trama ist wenigstens bis auf die Medikamentzusatzstoffe rein. Manchmal wünschte ich, ich könnte meine ganzen psychischen Leiden gegen äquivalente körperliche eintauschen. Hört sich verrückt an, aber physischer Schmerz ist leichter zu ertragen, als seelischer (darum ritz(t)e ich) und es gibt all diese herrlichen Schmerzmittel... die würden, so wie ich mich an manchen Tagen fühle, in Kilomengen nicht reichen, das, was mich da auffrisst zu betäuben; sie würden mich nur umbringen. Aber irgendwie wünsche ich mir auch das manchmal. Ich hoffe, ich habe dich nicht auch noch vergrault. Alles Liebe, V.

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