Mein Doppelleben
Gern möchte ich meine Drogen-Karriere zum Besten geben, allerdings keineswegs damit prahlen und noch weniger will ich hier herumjammern. Eher möchte ich damit einfach zum Nachdenken anregen. Stolz sein kann man auf diesen Lebensweg nur bedingt aber bereuhen tu ich trotzdem nichts, denn es gehört ganz einfach zu meiner Biographie. Vorweg: Wenn ich von Konsum spreche, schließe ich Alkohol und Zigarette mit ein, wenn ich von Drogen spreche, dann meine ich Substanzen, die dem BtMG unterliegen.
Die Zeit vergeht immer schneller. Ich bin mittlerweile Mitte 30 und nehm seit 17 Jahren Drogen. Nahezu jeden Tag. Mal mehr, mal weniger. Angefangen hat es auf einem Dorf mit Bier trinken und Zigaretten rauchen am Sportplatz, dann ging es bald mit Gras und Hasch weiter, worauf Speed und Extacy schnell folgten, über LSD und Pilze, letztlich hin zum regelmäßigem Kokain- und Crystal Meth-Konsum. Die Szene und das Zeug wurden mir allerdings langweilig (tatsächlich!) und irgendwas hat mir damals die Augen geöffnet, so dass ich mit 18 selbstständig den Konsum chemischer Drogen für ein Jahr eingestellt habe. Danach habe ich dann nur noch sehr eingeschränkt zum Feiern mal was genommen. So war das alles viele Jahre cool und ich habe die chemischen Drogen absolut selten (2 Mal pro Jahr) in äußerst geringen Mengen konsumiert (eine 5cm-Line für die ganze Nacht). Auf dieses Konsumverhalten war ich ganz stolz und vertrat immer die Meinung, dass Drogen in dieser Art und Menge ok sind. Wobei ich mit dem Kiffen auch immer gern aufhören wollte aber es nicht geschafft habe. Der Lauf der Dinge änderte sich aber ganz plötzlich und relativ unbemerkt als sich mein Umfeld änderte und ich über einen Kontakt zufälliger Weise den immer erträumten Zugang zu nahezu allen Drogen und das in bester Reinheit hatte. Ich hatte einen dummen Traum, ich wollte gern so einen Koffer, wie Johnny Depp in Fear and Loathing in Las Vegas. Und ich begann mich auszustatten, da ich auch immer genug Geld hatte. Zudem ging es mir in dieser Zeit persönlich sehr gut, die Arbeit lief super, frisch verliebt und es war Sommer, es gab viele Parties und ich hatte einfach Lust neue Substanzen zu probieren. Ich habe dann mit 30 in einem Jahr so ziemlich alles getestet was die Welt der Rauschmittel zu bieten hat und dieses Experimentieren als mein Hobby angesehen. Aber wo bin ich gelandet? Wer sich auskennt, wird es ahnen. Beim Heroin. Das ist das Ende vom Lied. Das ist Realität. Jetzt experimentiere nicht mehr ich mit der Droge sondern die Droge mit mir. Plötzlich hat mich der Konsum aus der Mitte meines Lebens verdrängt. In meinem Leben gerät dadruch so einiges ins Wanken.
Dazu muss ich sagen, dass ich aus "geordneten Verhältnissen" stamme, es nie an etwas gemangelt hat, ich allerdings auch nicht verwöhnt wurde. Ich hatte fast immer allen Grund zufrieden zu sein. Ich war gut in der Schule, hatte Glück mit der Lehrstelle und habe schon einiges in meinem Leben erreicht. Ich bin seit 12 Jahren erfolgreich selbstständig. Es war nie leicht und es gab gute genauso wie schlechte Zeiten und ganz klar, einen enormen finanziellen Druck hat man als Selbstständiger immer aber ich kann mich unter'm Strich nicht beklagen. Ich hatte oft mit hochrangigen Personen im Management zu tun und war fast immer bekifft oder zeitweise auch zugekokst. Ich hab trotz der Drogen mein Leben ganz gut auf die Reihe bekommen, weiß was ich kann und hab meine Ziele. Meine Beziehung zum Elternhaus war stets gesund und harmonisch. Rauchen und Trinken sowie Drogen waren stets tabu und Suchtprobleme gibt es im ganzen Familiekreis nicht. Seit 2 Jahren bin ich in einer Beziehung, die zwar teilweise "herausfordernd" aber immer geprägt von tiefer Liebe und gemeinsamer Perspektive ist. Jetzt fragt sich bestimmt jeder: Warum verbaut man sich sowas? Nur ein Vollidiot gibt so etwas für 30 Minuten warmes Gefühl im Körper auf, oder? Tja, ich frage mich das auch. Ich bin ziemlich sauer auf mich selbst, diesen Dreck ausprobiert zu haben, bzw. wieder und wieder was bestellt zu haben, obwohl ich wusste, dass es abhängig macht.
Seitdem ich vor ca. 5 Monaten aus reiner Neugierde zum ersten Mal Heroin bestellt und geraucht habe, bin ich erst Woche für Woche und dann Tag für Tag tiefer in die Abhängigkeit gerutscht. Am Anfang 1 Mal die Woche - boah total breit, geil! Aber da hab ich mir schon gedacht: Warum nicht Diazepam (Valium), das macht fast genauso breit aber nicht so süchtig. Naja, bei den Gedanken blieb es leider und anstatt des Heroin blieben dann doch lieber die Benzos im Kühlschrank. Mittlerweile rauch ich zwar keine großen Mengen (1 Gramm/Woche) aber dafür zwischen 5 und 10 Mal am Tag ein kleines Blech. Und zwar immer und überall. Wenn's knapp wird und ich vergessen habe, rechtzeitig zu ordern, dann lieber durch die Nase was zeihen, weil es dann länger wirkt. Totaler Scheiß, denn dann wird auch das Verlangen nachher noch größer und außerdem ist es voll eklich. Das heißt, die neue Lieferung ist da, konsumiere ich noch mehr als vorher und sitz teilweise stundenlag mit der Folie in der Hand verliere den Verstand. Die Droge ist einfach wie der Teufel im Kopf und schafft es immer wieder, dass man vor sich selbst Ausreden findet. Da kann man noch so ein starker Typ sein aber das hat man plötzlich nicht mehr unter Kontrolle. So ist das aber nicht nur mit dem Heroin, sondern mit fast allen Drogen (außer z.B. bei Psycedelics). Beim Brown Sugar kommt eben zur Psyche noch der Körper hinzu, anders als bei Koks oder Meth. Denn ich habe natürlich ganz schnell die ersten Erfahrungen mit den Entzugserscheinungen machen dürfen. Ging locker mit Schlafstörungen los und wurdevon Mal zu Mal intensiver. Das heißt konkret, dass ich mittlerweile abends vor dem Schlafen unbedingt noch ein Blech rauchen muss oder was ziehen, weil ich sonst so gegen 3 Uhr nachts aufwache und die ersten Schweißausbrüche, gefolgt von krassen Bein- und Armkrämpfen bekomme. Das ist richtig krass unangenehm und ich kann dann binnen 30 Minuten im Bett absolut nicht mehr ruhig liegen. Ich muss aufstehen und Heroin rauchen oder ziehen. Nichts da zu haben ist absolut die Hölle und vor der Freundin auch nicht mehr mit irgendwelchen Stimmungsschwankungen zu erklären. Als ich mal paar Tage überbrücken musste, hab ich alle mir zugänglichen Opiate rangeholt (damals Codein und Tramal) aber davon musste ich jeweils die ganze Flasche austrinken, um keine Entzugserscheinungen mehr zu spüren. Zu deutsch: Ich bin also voll drin. Zwar spritze ich mir nichts und würde dies auch nie im Leben tun (Nadel-Phobie) aber die Konsumform ist bei der Shore nicht wirklich kriegsentscheident. Abhängig ist abhängig. Und das bin ich in jedem Fall.
Da plötzlich vieles in meinem Alltag zum Problem wird, da ich mein Business nicht mehr richtig auf die Reihe krieg, da meine Freundin und meine Eltern merken, dass mit mir etwas nicht stimmt und weil ich plötzlich Angst vor der Zukunft bekomme, muss die Sache hier und jetzt ein Ende haben. Ich habe mich intensiv mit meinen Möglichkeiten auseinander gesetzt und bin auf etwas interessantes gestoßen. Es handelt sich um 2 Medikamente, welche Berichten zu Folge äußerst erfolgreich in der Suchtbehandlung (übrigens auch bei Alkoholismus) eingesetzt werden - Lyrica und Baclofen. Das soll die Entzugserscheinungen weitestgehend beseitigen, beide Mittelchen werden nahezu als Wundermittel bezeichnet. Dazu nehme ich mir 4 oder besser 5 Tage frei, auch von der Beziehung und den Eltern. Vielleicht fahr ich wo hin oder nutze die Ferien, wenn Freundin mit ihrer besten in Urlaub fährt. Dann fahr ich den Konsum vorher soweit wie möglich runter, nehm die Tabletten und werde so von dem Mist wegkommen. Dann noch entgiften mit Megamin und Spirulina und dann bin ich endlich wieder fit. Ich werde wieder Sport treiben, wie bis vor einem Jahr noch, werd wieder Sex haben, was äußerst selten ist durch den verminderten Libido auf H. Und so weiter - ich freu mich mega auf die Zeit wenn ich clean bin. Die Chance nutze ich und höre auch mit Zigarette und Gras auf sowie mit dem täglichen Feierabendbier. Ich habe intensive Rauscherfahrungen in meinem Leben gesammelt - aber es gibt noch mehr! Jetzt kommt real live und nicht mehr täglich Angst um den Führerschein haben zu müssen. Jetzt geht's erstmal richtig los! Bis ich vom Apotheker meines Vertrauens nun auch diese Entzugsmittel bekomme, geht der Wahnsinn noch ein oder zwei Wochen weiter. Während des Textes hab ich mir zum Sonntag mal 6 Bleche genehmigt... Aber mehr geht einfach nicht, weil ich dann die Tage nicht hinkomme bis zur nächsten Lieferung. Erbärmlich, oder?
Dieser Bericht soll zeigen, dass es besser ist, von manchen Sachen die Finger zu lassen. Solange man seinen Fokus den Drogen nur an ganz außergewöhnlichen Gelegenheiten widmet und Konsum/Rausch allgemein etwas absolut Besonderes im Leben bleibt, ist er meiner Meinung nach ok. Und das beginnt schon beim Alkohol. Man sollte sich umfassend informieren über das was man nimmt und sich nicht zu oft verleiten lassen, denn der Absturz ist nie weit vom Einstieg. Wir leben alle nur einmal auf dieser wunderschönen Welt mit so wertvollen lieben Mitmenschen - lasst uns die Zeit sinnvoll nutzen und das Leben in vollen Zügen genießen! Drogen nehmen einem schnell die Freiheit, über sein eigenes Leben zu entscheiden. Drogen kosten Geld und Zeit. Drogen zerstören Beziehungen, oft weil man den Blick auf das eigene Verhalten nur verschleiert wahrnimmt. Das Ego wird auf vielen Drogen gestärkt, was logischer Weise zu Problemen mit den Mitmenschen führt. Also, es gibt noch 1000 Gründe, die gegen regelmäßigen Konsum sprechen!
Ich möchte nun die zweite Hälfte meines Lebens nicht mehr meine Zeit verschwenden sondern in vollen Zügen leben. Ich hoffe, dass ich es schaffe, mir in letzter Sekunde noch den Arsch zu retten. Und ich hoffe, dass ich mit meiner Geschichte ein paar junge Leute zum Nachdenken anrege. Jeder muss trotzdem das tun, was er für richtig hält und damit aus seinem Leben machen was eben so draus wird. Aber es sollte auch jeder die Verantwortung dafür übernehmen, sich vorher zu informieren, was die evtl. Folgen einer bestimmten Entscheidung sein können.
Liebe Grüße!
Substanzen
- Abhängigkeit / Sucht
- Drogen allgemein
- Heroin
Kommentare
Kommentar von Lisa |
..Doppelleben....
Hi, sehr treffend hast du den Sch.... beschrieben!! ich wünsche dir bei deinem tollen Vorhaben, sich von der Geisel Drogen zu befreien viel Glück!...das Leben ist viel zu Kurz....
Lg Lisa
Kommentar von Messer |
Überkrasser Bericht, ich
Überkrasser Bericht, ich finde besser könnte man es nicht schreiben können, hat mich sehr berürt. Viel Glück, du wirst es sicher schaffen, denn du bist viel stärker als die Drogen !
Kommentar von wintergewitter |
es geht
Das wird ne' Zeit dauern, das Leben wieder in die gerade Bahn zu bringen. Geht aber...
Das wird mit Sicherheit der haerteste Kampf deines Lebens und am Ende gibt es keinen Orden dafuer...
Eines Tages kuckst du aber auf die Rueckfallstatistiken und stellt fest, du gehoerst du den 2 % die es geschafft haben.
Dieses Gefuehl traegt die locker durch jeden Tag, weil du es dir und der Gesellschaft gezeigt hast.
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